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Mit Mahindra durch den Süden: Unser chaotisch-schöner Kalabrien-Trip

 

Es gibt Reisen, die man plant. Und dann gibt es Reisen wie unsere – die sich anhören wie ein harmloses verlängertes Wochenende, aber am Ende ein Drehbuch für eine Mischung aus Komödie, Abenteuerfilm und italienischer Telenovela liefern. Kalabrien empfing uns nicht mit offenen Armen, sondern mit verpassten Bussen, nächtlichen Fußmärschen und einem Mietwagen, der so klang, als würde er in der nächsten Bollywood-Szene explodieren.

Und trotzdem – oder vielleicht genau deshalb – war es einer dieser Trips, die man schwer vergisst. Weil jede Kurve lauter war als der Motor, jeder Ort schöner als erwartet und jeder Moment uns zum Lachen, Staunen und manchmal auch zum Kopfschütteln brachte.

 

Von Triest nach Lamezia – und ein Nachtspaziergang, den so keiner bestellt hat

Eigentlich begann alles harmlos: Abflug aus Triest, voller Vorfreude auf Sonne, Meer und kalabrisches Dolce Vita.


In Lamezia Terme landeten wir spät in der Nacht. Unsere Unterkunft lag nur 2,5 km entfernt – ein Spaziergang, der mit Uber eigentlich vermieden werden sollte. Die App zeigte uns sogar Fahrer an, Optimismus pur, aber eine Bestätigung bekamen wir nie. Wir saßen da, warteten, aktualisierten, hofften… nichts. Stattdessen beobachteten wir unbewusst den allerletzten Bus des Tages, wie er elegant an uns vorbeifuhr. Als wir Uber schließlich genervt aufgaben und beschlossen, eben den Bus zu nehmen, entdeckten wir im Fahrplan die traurige Wahrheit: Das war er gewesen. Der letzte. Ciao, öffentliche Verkehrsmittel.

Ein Taxi für 2,5 km? Unser Stolz sagte: Nein. Und der Geldbeutel sagte: Auch nein.Also stapften wir mitten in der Nacht zu Fuß durch verwachsene Straßen und über einen überdimensionierten Kreisverkehr. Zum Glück war kaum Verkehr – sonst hätten sich Autofahrer wohl ernsthaft gefragt, warum verlorene Seelen mit Rucksäcken durch die Dunkelheit ziehen.


Als wir schließlich im Piccolo Hotel ankamen, erwartete uns ein Rezeptionist ohne ein einziges Wort Englisch, dafür mit echtem Süditalien-Flair und der Arbeitsgeschwindigkeit, die man nur als mediterran-gelassen bezeichnen kann. Mit Händen, Füßen und kreativster Improvisation klappte die Verständigung aber irgendwie – und kurz darauf fielen wir endlich ins Bett.

  

Mahindra, der Bollywood-Flitzer: Unser unerwarteter Reiseheld

Der nächste Morgen begann mit einem déjà-vu-artigen Spaziergang zurück zum Flughafen. Diesmal nicht, weil wir keine andere Wahl hatten, sondern weil dort unser Mietwagen auf uns wartete.


Und dann stand er da: unser Flitzer, der sich im Nachhinein als das größte Comedy-Highlight der gesamten Reise entpuppte. Von vorne wirkte das Auto völlig normal, beinahe solide. Doch von der Seite sah es aus, als hätte jemand vergessen, die hintere Hälfte zu Ende zu bauen – einfach abgeschnitten. Die Innenausstattung stammte offensichtlich aus der „Schnee-von-gestern“-Kollektion, und die Position der Gangschaltung hätte jedem Pensionistenauto Ehre gemacht.


Anfangs wussten wir nicht einmal, was für eine Marke das sein sollte. Doch irgendwann, nach genauerer Inspektion und einigen Recherchen, stellte sich heraus: Mahindra. Ein Inder.

Ab da ergab alles Sinn. Denn die Geräusche, die er von sich gab, hätten problemlos als Soundeffekte in einem Bollywood-Actionfilm durchgehen können. Der Auspuff klapperte, als wolle er uns warnen, und die ca. 60 PS sorgten dafür, dass wir zwar nicht schnell, aber definitiv laut unterwegs waren.


Sicher fühlten wir uns in diesem Gefährt nicht unbedingt. Jede Bodenwelle löste entweder ein neues Geräusch oder – noch besser – einen Sicherheitsgurt aus. Niesen war streng verboten, weil sich der Gurt sofort löste und das Auto im nächsten Moment jammerte, wir seien nicht angeschnallt. Auch in Kurven gab unser Mahindra akustisch alles, als wäre er davon überzeugt, dass wir gleich frontal irgendwo einschlagen.


Kurz gesagt: Fahrgefühl fragwürdig, Unterhaltung garantiert. Jede Fahrt endete in Tränen – aber in Tränen vor Lachen. Mahindra, unser kleiner Bollywood-Star, wurde zum unvergesslichen Begleiter dieser Reise.

 

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Pizzo – Labyrinth der Gassen, Meerblicke und ein Tartufo zum Dahinschmelzen

Unser erstes Ziel war Pizzo, eine charmante Küstenstadt, die sich wie ein mediterranes Labyrinth über die Klippen schmiegt. Enge, verwinkelte Gassen schlängeln sich durch bunte Häuser, führen mal bergauf, mal bergab, und immer wieder eröffnet sich ein neuer Blick über das glitzernde Meer. Pizzo ist nicht laut, nicht überschwänglich – aber herzlich. Die Menschen grüßen an jeder Ecke, als wäre man ein lang vermisster Cousin, der endlich wieder heimkehrt.


Ein Highlight war definitiv eine Szene, die so nur in Italien passieren kann: Wir standen ratlos in einer kleinen Gasse und diskutierten und gestikulierten, ob der Weg wohl der richtige sei. Plötzlich hupte jemand aus einer vorbeiratternden Ape, winkte wild mit dem Arm zum Weg, Daumen hoch, alles gut – und war im nächsten Moment wieder verschwunden, wie ein mystischer Wegweiser auf drei Rädern. Wir haben ihn nie mehr gesehen, aber seine Zustimmung, das der Weg richtig sei, bleibt unvergessen.


Nach unserem kleinen Irrgarten-Abenteuer durch die Gassen belohnten wir uns mit etwas, wofür Pizzo berühmt ist: Tartufo.. In der milden Novembersonne, mit Blick aufs Meer und Pizzo, schmeckte das aus dieser Region stammende Dessert gleich doppelt so gut.

 

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Tropea – Postkartenidylle, italienische Jause & Aperol in der Sonne

Weiter ging es nach Tropea, der Königin der kalabrischen Küste. Die Stadt thront hoch über dem Meer, ihre Häuschen kleben an den Klippen wie bunte Zuckerwürfel. Unten glitzert das türkisfarbene Wasser, oben schlendern Einheimische und Reisende gemütlich durch die Gassen, vorbei an Boutiquen, kleinen Kirchen und duftenden Restaurants.



Wir ließen uns an einem kleinen Platz nieder und gönnten uns eine typisch italienische Jause: knuspriges Brot, lokaler Käse, ein bisschen Salami – und natürlich die berühmte Cipolla Rossa di Tropea, die süße rote Zwiebel, für die die Region bekannt ist. Aromatisch, mild, fast schon fruchtig – ein wahrer Genuss. Begleitet wurde das Ganze von einem erfrischenden Aperol Spritz, den wir in der warmen Nachmittagssonne schlürften.

 

Capo Vaticano – Wo das Meer den Himmel küsst

Nach Tropea führte uns unser Roadtrip weiter zum Capo Vaticano, einem der spektakulärsten Aussichtspunkte Kalabriens. Hoch oben auf den Klippen eröffnete sich ein Panorama: Das türkisfarbene Meer schimmert in allen Blautönen, kleine Buchten und Strände liegen wie versteckte Juwelen entlang der Küste, und der Horizont scheint unendlich.


Capo Vaticano ist nicht nur für seine Aussicht berühmt, sondern auch für das kristallklare Wasser. Wir genossen das Gefühl, auf den Klippen zu stehen, den Wind im Gesicht und die Sonne im Rücken, während das Meer unter uns funkelte. Ein stiller, majestätischer Moment mitten im Abenteuer unseres chaotisch-schönen Roadtrips.


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Palmi und die 3 Kreuze – Sonnenuntergang mit Fernsicht

Nach einem kleinen Abenteuer in einem chaotischen Supermarkt, in dem Snacks und Getränke eher zufällig als systematisch einsortiert waren, und einer anschließenden, langen, irrenden Fahrt durch enge, verwinkelte Gassen – Straßen kann man sie kaum nennen – erreichten wir endlich unser Ziel: die 3 Kreuze über Palmi.


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Von hier oben bot sich uns ein atemberaubender Ausblick. Die Sonne neigte sich langsam dem Horizont entgegen und tauchte die Stadt in warmes, goldenes Licht. Unter uns erstreckte sich Palmi mit seinen roten Dächern und verwinkelten Straßen, während in der Ferne die Umrisse von Stromboli, Sizilien und sogar dem Ätna zu erkennen waren. Ein magischer Moment, der alles vorherige Chaos vergessen ließ – hier oben fühlte sich alles still und friedlich an. Sogar die Polizei machte ihre wohl scheinende Pause dort an diesem schönen Fleckchen. Traumhaft schön, ein echter Herzmoment unseres Roadtrips.


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Kurzer Halt in Scilia

Scilia war für uns eher ein kleiner Zwischenstopp als ein echtes Highlight auf unserer Route. Der Ort wirkt ruhig und bescheiden, mit seinen stillen Gassen und dem kleinen Castello, das über allem wacht – charmant, aber ohne den Wow-Moment, den wir vielleicht erwartet hätten. Wir haben einen kurzen Blick hineingeworfen, ein paar Eindrücke mitgenommen, doch so richtig gefesselt hat uns Scilia nicht. Und das ist völlig okay.


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Reggio Calabria – Pizza Lungomare

Die Abendstunden in Reggio Calabria standen ganz im Zeichen kulinarischer Genüsse. Nach einem Tag voller Eindrücke ließen wir uns in einer gemütlichen Pizzeria nieder und aßen typisch italienische Pizza.


Am nächsten Morgen starteten wir unseren Tag an der berühmten Lungomare von Reggio Calabria, die als eine der schönsten Küstenpromenaden Italiens gilt. Mit Blick aufs tiefblaue Meer und die vorbeiziehenden Boote spazierten wir entlang der Promenade, während die ersten Sonnenstrahlen die Stadt in warmes Licht tauchten. Ein perfekter Start in einen weiteren ereignisreichen Tag unseres Roadtrips.

 

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Pentidattilo –Dorf voller Geschichte

Von der lebhaften Küste führte uns unser Roadtrip ins Bergdorf Pentidattilo, das heute nahezu verlassen daliegt, aber eine unglaublich spannende Geschichte in seinen Mauern trägt. Der Name leitet sich von den fünf markanten Felsformationen ab, die wie Finger einer riesigen Hand aus dem Berg ragen – ein spektakulärer Anblick, der dem Dorf sofort seinen geheimnisvollen Charakter verleiht.


Pentidattilo war einst eine blühende Siedlung; heute wirkt es wie eingefroren in der Zeit: verlassene Häuser, enge Kopfsteinpflastergassen und verfallene Kirchen erzählen von einer glanzvollen Vergangenheit, die langsam vom Verfall verschluckt wird. Zwischen den Ruinen spürt man die Geschichten von Generationen, Fluchten, Belagerungen und dem unaufhörlichen Wandel der Geschichte – ein Ort, der melancholisch, faszinierend und irgendwie magisch zugleich ist.


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Ein Spaziergang durch Pentidattilo fühlt sich an wie eine kleine Zeitreise: Hier spricht die Stille lauter als jedes Wort, und man kann die Geschichte fast greifen. Ein echtes Highlight für alle, die neben Sonne und Meer auch die geheimnisvollen Seiten Kalabriens entdecken wollen.

 

Fischerhafen-Glück – Kleine Freuden am Meer

Nach unserer kleinen Erkundungstour in Pentidattilo landeten wir endlich, fast verhungert, an einem kleinen Fischerhafen. Hier, zwischen schaukelnden Booten und dem Duft von Salz und Meer, breiteten wir unsere zuvor im Supermarkt gekaufte Jause aus. Einfaches Brot, Käse, ein paar Leckereien – mehr brauchte es nicht.

In diesem Moment, mit Blick auf das glitzernde Wasser und die Sonne, ging die Sonne im Herzen auf. Solche kleinen, unscheinbaren Augenblicke, in denen man einfach nur sitzt, isst, lacht und die Welt um sich herum genießt, sind es, die das Reisen so besonders machen. Herzerwärmend, friedlich und auf eine wunderbare Art unvergesslich – genau diese Momente bringen mein Herz wieder zum Strahlen.

 

Gerace – Mittelalterliches Juwel auf dem Hügel

Gestärkt von unserer kleinen Jause machten wir uns auf den Weg nach Gerace, einem mittelalterlichen Städtchen, das majestätisch auf einem Hügel thront und einen atemberaubenden Blick auf die umliegende Landschaft bietet. Gerace ist bekannt für seine gut erhaltene Altstadt, enge Kopfsteinpflastergassen, historische Kirchen und Palazzi, die Geschichten aus Jahrhunderten erzählen.

Besonders beeindruckend ist die Normannische Kathedrale, die das Zentrum der Stadt dominiert, und die alten Stadtmauern, die noch heute den ursprünglichen Charakter Geraces bewahren. Gerace ist ein Ort, an dem man sich fast wie in einem lebendigen Geschichtsbuch fühlt – perfekt für einen Spaziergang voller Ruhe, Architektur und Authentizität.

 

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Catanzaro Lido – Pulled Pork und Nachtlärm deluxe

Am Abend führte uns unser Roadtrip nach Catanzaro Lido, der Partymeile Kalabriens. Hier pulsiert das Leben: Junge Menschen füllen die Straßen, Musik dröhnt aus Bars und Clubs, und man spürt sofort die sommerliche Energie, auch im November.


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Hungrig und neugierig fanden wir einen Italiener, der uns ganz entspannt in ein amerikanisches BBQ-Restaurant führte – na gut, Pulled Pork in Italien, warum nicht? Und was soll ich sagen: lecker war es allemal, saftig, würzig und ein kleiner kulinarischer Ausbruch aus dem italienischen Standardprogramm.


Doch dann erlebten wir etwas, das wir so noch nie kannten: Unser Zimmer lag direkt über einer Diskothek. Was zunächst nach einer lustigen Vorstellung klang, verwandelte sich schnell in eine akustische Herausforderung der Extraklasse. Es bebte und wackelte, als stünden wir selbst mitten auf der Tanzfläche, Unterhaltungen waren unmöglich – in Österreich undenkbar, hier Realität. Schließlich beschlossen wir, die Nacht lieber im Auto weiterzuziehen und nach Lamezia Terme zu fahren. Die Musik war zwar gut, aber schlafen? Absolut unmöglich.


Lamezia Terme

Am letzten Tag unseres Roadtrips machten wir einen entspannten Stopp in Lamezia Terme, der Stadt, die für uns nicht nur für den Spaziergang am Flughafen, sondern auch für ihre Thermalquellen bekannt bleibt. Die heißen Quellen, eingebettet in eine ruhige Umgebung, laden zum Abschalten und Durchatmen ein.


Wir fuhren durch den kleinen, charmanten Stadtkern von Lamezia Terme, entdeckten historische Kirchen, enge Gassen und kleine Cafés. Trotz der modernen Infrastruktur bewahrt der Ort seinen typisch süditalienischen Charme: entspannte Menschen, freundliche Grüße an jeder Ecke und ein ruhiger Rhythmus, der zum Genießen einlädt. Ein idealer Abschluss für unseren Roadtrip, bevor wir die Heimreise antraten – ein letzter Blick auf Kalabrien, das mit seinen Landschaften, Menschen und kleinen Abenteuern unser Herz erobert hat.

 

Kalabrien – Freundlichkeit, Sauberkeit und die andere Seite

Allgemein lässt sich sagen, dass die Menschen in Kalabrien unglaublich freundlich und herzlich sind. Überall wird gegrüßt, man fühlt sich willkommen, und selbst in kleinen Orten wird man mit einem Lächeln empfangen. Auch die Gegend, die wir bereist haben, wirkte sauber und gepflegt: öffentliche Toiletten waren in gutem Zustand, und Müll war kaum zu sehen – ein Bild, das sofort ein positives Gefühl hinterlässt.


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Doch man darf nicht vergessen: Kalabrien hat auch eine dunkle Seite. Die Region ist historisch und bis heute stark von der ’Ndrangheta, der kalabrischen Mafia, beeinflusst. Diese kriminellen Strukturen kontrollieren Teile der Wirtschaft, von Abfallentsorgung bis Bauwesen, und beeinflussen so das tägliche Leben vieler Menschen. Was wir auf unserer Reise sahen – die sauberen Straßen, die herzlichen Begegnungen – ist nur ein Ausschnitt, der das tatsächliche Bild Kalabriens oft verzerrt. Hinter der Kulisse aus Sonne, Meer und Freundlichkeit verbirgt sich eine Region, die von tief verwurzelten Herausforderungen geprägt ist, aber zugleich Menschen voller Lebensfreude und Wärme beherbergt.

 

Fazit

Gerade die schiefen Momente, der klappernde Mahindra, der nächtliche Spaziergang, die Disco unter unserem Zimmer und die verpassten Sonnenuntergänge waren es, die uns am meisten zusammenschweißen und zum Lachen bringen.

Wir haben Gesichter gesehen, die uns freundlich grüßten, Landschaften, die uns sprachlos machten, und kleine Alltagsmomente, die uns das Herz wärmten. Kalabrien ist rau und sanft zugleich, ein bisschen chaotisch, unglaublich herzlich – und voller Geschichten, die man nur erlebt, wenn man sich auf das Ungeplante einlässt.


Wenn wir eines gelernt haben, dann das:

Manchmal führen komplizierte Weg und zwar im Kreis und kosten Nerven, aber bringen einen zu schönsten Ort.

Manchmal ist der schlechteste Mietwagen der beste Begleiter.

Und manchmal macht genau das eine Reise zu etwas Besonderem.


Kalabrien, falls wir wieder einmal kommen sollten – vielleicht nicht mit einem Mahindra… aber sicher wieder mit offenem Herzen und viel zu viel Lust auf das nächste Abenteuer.

 

 

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